Chinas Millionen und vorauseilender Gehorsam
Etliche deutsche Universitäten machen sich abhängig von chinesischem Geld und akzeptieren hierbei teils problematische Vertragsklauseln. Viele unterwerfen sich chinesischem Recht. In einigen Fällen führt dies zu Selbstzensur.
Spitzenreiter bei Zuwendungen aus China sind momentan die Georg-August-Universität Göttingen, die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und die Technische Universität Berlin. Sie erhalten jedes Jahr mehr als 250.000 Euro aus China, eine nicht unerhebliche Summe für chronisch unterfinanzierte Universitäten. Im Laufe der oftmals viele Jahre andauernden Kooperationen kommt es so zu Millionenbeträgen, die den Universitäten aus China zukommen.
Knebelverträge mit China
Gleichzeitig enthalten Verträge mit China oftmals Passagen, welche die Universitäten in eine starke rechtliche Abhängigkeit vom chinesischen Geldgeber bringen. So enthalten Vereinbarungen mit der Universität Heidelberg, der Freien Universität Berlin, der Universität Duisburg-Essen und der Universität Düsseldorf Passagen, nach denen sich die Universitäten an chinesisches Recht halten müssen. In Anbetracht einer von der Kommunistischen Partei Chinas kontrollierten Justiz ist dies ein großes Wagnis für deutsche Universitäten.
In vielen Fällen ist auch eine „Evaluation der Unterrichtsqualität“ durch die chinesische Seite vorgesehen. Außerdem heißt es in einigen Vereinbarungen, dass diese gekündigt werden können, sofern diese Evaluationen nicht zufriedenstellend sind. Als Konsequenz kann die entsprechende Partei „eine Entschädigung für entstandene Verluste und Schäden einfordern“.
Selbstzensur
Das finanzielle Risiko durch die Bindung an chinesisches Recht und eine jederzeit einforderbare Rückzahlung der Drittmittel ist für die Universitäten nicht zu unterschätzen. Diese Konstellation kann zu Selbstzensur führen. An der Freien Universität Berlin sowie der Universität Göttingen kam es denn auch zu Fällen, die Selbstzensur vermuten lassen: In Berlin änderte die Uni etwa ihre Gründungsgeschichte, in Göttingen gab die Universität gar zu, dass am Konfuzius-Institut bestimmte Themen nicht angesprochen werden können.
Forschung für Menschenrechtsverletzungen und militärische Anwendung
Deutsche Hochschulen arbeiten mit verschiedenen chinesischen Unternehmen zusammen, die für Menschenrechtsverletzungen in China bekannt sind oder diesen verdächtigt werden.
Huawei und Xinjiang
Etliche Universitäten kooperieren mit dem Technologie-Konzern Huawei. Das Unternehmen arbeitet exzessiv mit Sicherheitsbehörden in der westchinesischen Provinz Xinjiang zusammen. Dort sind laut Schätzungen etwa eine Million Angehörige der muslimischen Minderheit der Uiguren in Konzentrationslagern eingesperrt. Huawei kooperiert in Xinjiang mit verschiedensten Regierungsabteilungen bei der Überwachung der Uiguren, so unterstützt es im Hinblick auf Cloud-Dienstleistungen, Rechenzentren oder die „Schaffung einer positiven öffentlichen Meinung zur Erreichung [von] sozialer und langfristiger Stabilität“.
Huawei und seine Tochterunternehmen arbeiteten in der Vergangenheit mit diesen Universitäten zusammen oder tun dies nach wie vor:
Seit 2006 soll Huawei mit rund 20 deutschen Universitäten und Instituten mehr als 120 Forschungskooperationen abgeschlossen haben. In den vergangenen fünf Jahren erhielten deutsche Universitäten mindestens 2,2 Millionen Euro von Huawei. Der tatsächliche Wert liegt wahrscheinlich deutlich höher.
Das Risiko, dass solche Forschung für Menschenrechts-Verbrechen oder militärische Anwendungen genutzt wird, ist groß. In Großbritannien enthüllte der Telegraph kürzlich, dass etliche von Huawei geförderte Projekte auch militärische Anwendungsmöglichkeiten haben.
Gentests für China
Aber auch andere chinesische Unternehmen stehen unter dem Verdacht, Menschenrechte zu verletzen: So etwa das chinesische Genomik-Unternehmen BGI. Zwei Subunternehmen von BGI sind von der amerikanischen Regierung sanktioniert worden, da diese „genetische Analysen durchführen, welche zur weiteren Unterdrückung von Uiguren und anderen muslimischen Minderheiten” eingesetzt werden. Das Unternehmen weist die Anschuldigungen zurück.
Die Universität des Saarlandes arbeitet mit BGI in einem Projekt zusammen. Sie plant ein Sequenzierlabor an der Universität, in welchem sie zusammen mit BGI „Blutzellen, Serum, Plasma und teilweise auch […] Gewebeproben von Hunderten von PatientInnen und KontrollprobandInnen in Europa und China“ untersuchen wird. Es besteht das Risiko, dass es sich hierbei um zwangsweise bei Uiguren entnommene Proben handelt.
„Thousand Talents“ & Honorar-Professuren
An deutschen Hochschulen lehren etliche Professoren, die gleichzeitig ein Einkommen aus China haben. Diese Wissenschaftler sind zugleich Gastprofessoren in China oder Teilnehmer des sogenannten „Thousand Talents“-Programms.
Medienberichten zufolge erhalten an diesem Programm teilnehmende Wissenschaftler bis zu 150.000 US-Dollar aus China, müssen im Gegenzug aber wissenschaftliche Ergebnisse der chinesischen Regierung zur Verfügung stellen. Experten sehen das Risiko, dass diese Forschungsergebnisse auch militärisch genutzt werden können. Außerdem seien die Verträge oftmals so gestaltet, dass Akademiker sich chinesischem Recht beugen müssen und keinen „religiösen Aktivitäten“ nachgehen dürfen, die „inkompatibel mit dem Status eines ausländischen Experten sind“.
Bis 2017 waren bereits 210 Forscher über das „Young Thousand Talents“-Programm der chinesischen Regierung in Deutschland aktiv, darunter auch mindestens sieben nicht-chinesische Wissenschaftler. Im Rahmen dieser Recherche konnte der Autor ebenfalls zahlreiche nicht-chinesische, überwiegend deutsche, Professoren an deutschen Hochschulen identifizieren, die entweder eine parallele Professur in China innehatten oder aber Teil des „Thousand Talent Plans“ waren.
Lobeshymnen von „Preisträgern“ und Honorar-Professoren
Über diese Wissenschaftler fließt womöglich nicht nur kritische Technologie nach China ab. Ein weiterer Effekt ist eine akademische Elite, welche auch in Deutschland die Thesen der Kommunistischen Partei vertritt.
So gibt es Professoren, die parallel in Deutschland und China beschäftigt sind und etwa die universellen Menschenrechte in Frage stellen. Andere – mit Freundschaftspreisen der chinesischen Regierung beschenkte – Professoren äußern sich ausschließlich positiv hinsichtlich Kooperationen mit China. Ein Professor des Karlsruher Instituts für Technologie, das von Huawei Geld bekommt, spricht sich im hauseigenen Marketing-Magazin des Konzerns dafür aus, beim 5G-Ausbau auf Komponenten von verschiedenen Herstellern zu setzen – sprich: Huawei nicht auszuschließen. Ein anderer Professor des Instituts lobt die Seidenstraßen-Initiative der chinesischen Regierung in höchsten Tönen. Ein Sinologe der Universität Tübingen, welcher ebenfalls mit Preisen aus China ausgezeichnet wurde, fällt immer wieder mit relativistischen Äußerungen zu Chinas Menschenrechtsverbrechen auf, so vergleicht er beispielsweise in einer Anhörung des Bundestags staatlich erzwungene Organentnahme in China mit Gesetzesänderungen in Deutschland zur Organspende und sagt: „Ich warne davor, China nur an den Pranger zu stellen.“
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